Wallenstein in Groß Meseritsch





albrecht_wallenstein_portrait_hiWallenstein, Gemälde in der Schlossgalerie von Konopiště bei Benešov

Im Morgenblatt für gebildete Stände im Verlag der Cotta`schen Buchhandlung in Tübingen erschien am Samstag, 23. März 1811 diese Geschichte über Wallenstein in Groß Meseritsch, die hier nacherzählt wird:

Morgenblatt
Eine alte handschriftliche Chronik von Groß Meseritsch in Mähren erzählt nachfolgende, noch wenig bekannte Anekdote:
Wallenstein hielt sich während des Winters 1626 in Groß Meseritsch auf. Von hier aus betrieb er mit fieberhaftem rastlosem Eifer die Ausrüstung jenes Heeres, welches er in vielleicht allzu kühnem Selbstvertrauen dem Kaiser aufzustellen versprochen hatte.
In der Mitternachtsstunde stand er einst an einem Fenster des Schlosses, und blickte, in ahnungsreiche Träume der ungewissen Zukunft versunken, nach dem gestirnten Himmel. Tiefe Stille rings um ihn - im Schlosse schlief wohl schon Alles; - nur er - der Abergläubische, über Entwürfe Brütende, wachte !!
Plötzlich erhielt er einen derben Schlag auf den Rücken; entsetzt fuhr er wie vom Fieber geschüttelt zusammen; die Schlossuhr schlug in dröhnenden Schlägen zwölfmal, ein scharfer Wind pfiff durch den Saal! - Sollte dieser Schlag von unsichtbarer Hand (denn umblickend, und den Saal durchsuchend, fand Wallenstein keine Spur eines menschlichen Wesens), sollte er ein Warnungszeichen einer höheren Macht sein? -
Alle Ruhe war von ihm gewichen, schlaflos walzt er sich auf seinem Lager, in furchtbarer Aufregung verbringt er seine Tage, er kann den Gedanken einer unglücks-kündenden Vorbedeutung nicht aus seinen Gedanken bannen.-
Endlich das Geheimnis, das ihn so schwer drückt, abwälzend, vertraut er sich seinem Beichtvater an, und dieser ist in der Lage, dem tief Beschämten einen ganz natürlichen Schlüssel zur Lösung jener scheinbar so geheimnisvollen Erscheinung zu bieten.
Ein Edelknabe Wallensteins war nämlich in jener denkwürdigen Mitternachts-Stunde von ungefähr durch den Saal geschlichen, hatte in dem um Fenster Stehenden einen Kameraden vermutend, ihm neckend einen Streich gegeben. — Als er zu spät die Person seines gefürchteten Herrn erkannte, hatte er sich eiligst entfernt und zum Vertrauten jener unheilvollen Verwechslung den Beichtvater gemacht.
Wallenstein hörte von Zorn erglühend, welche lächerliche Kleinigkeit ihm tagelang seine Ruhe geraubt. - Der Edelknabe musste sogleich vor dem Feldherrn erscheinen, und mit eisiger Stimme verkündete ihm Wallenstein, dass er sich zum Tode vorzubereiten habe. Vergebens Abmahnung des Beichtvaters, Bitten von Freunden, der Jammer des unglücklichen Jünglings. Alle Vorbereitungen zur Execution sind getroffen, schon bat der halb Ohnmächtige, von dem Henker unterstützt, den Fuss auf die Todesleiter gesetzt, - wenige Sekunden, und er ist nicht mehr, - da ruft Wallenstein mit donnernder Stimme: Halt! - Und dem Pagen, der zu seinen Füssen hingestürzt, donnert er zu: „Unbesonnener Knabe! Mit den Martern der Hölle hast du mich gequält, nun weisst du auch, was es heisst: Seelenangst leiden-, damit sei es genug; du bist begnadigt!!"

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